Über mich
Mein Name ist Maja Schepelmann und ich arbeite im Bereich philosophischer Editionen; derzeit für die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Seit 2005 bin ich fast durchgängig mit unterstützenden Arbeiten für die Neuedition der Gesammelten Schriften Immanuel KANT’s im Rahmen der Akademie-Ausgabe seiner Werke befasst. Das ist sehr kleinteilige und mühevolle Arbeit, von der man in der Öffentlichkeit nicht viel mitbekommt, was sich nicht einmal dann ändern wird, wenn eines Tages die neuedierten Bände dieser Ausgabe erschienen sein werden.
Daneben habe ich zwei Monographien zu KANT veröffentlicht, die einem bisher nicht erprobten Ansatz folgen, nämlich: Kants Gesamtwerk als ein von Anfang an in den Verfahrensweisen und methodischen Details geplantes Systemvorhaben zu begreifen, das dann sukzessive ausgeformt und in Schriften und Traktaten über fünfzig Jahre hinweg veröffentlicht worden ist. Damit widerspreche ich der Geltung der historisierenden Auslegung Kants, die annimmt, er habe sich in seinem Denken über diese Zeit hinweg fortwährend verändert und permanent ältere Vorstellungen hinter sich gelassen. Meine Forderung lautet: Lasst uns prüfen, ob ein nicht-historisierender Interpretationsansatz nicht adäquater ist. Nur weil noch niemand bislang darauf gekommen ist, muss er ja nicht falsch sein. Bei den Aussagen und Überlegungen, die Kant angeblich hinter sich lässt, handelt es sich nach meiner Lesart allesamt um Provokationen, absichtlich in die Texte hinein komponiert: Provokationen, die stets im Zusammenhang mit den Geltungsansprüchen der Theorien oder Vorstellungen aus der Tradition oder aus seiner Zeit stehen. Er präsentiert diese Provokationen in einer Sonderform philosophischer Ironie, indem er nämlich nur sehr subtil anzeigt, dass er gerade nicht eine eigene Überzeugung oder Theorie äußert, sondern etwas zum Besten gibt, das im Rahmen seines eigenen philosophischen Anspruches – den er im Kontrast dazu ironiefrei ausarbeitet und darlegt – unhaltbar ist. Dies geschieht nicht zum Selbstzweck des Herumspaßens, sondern mit dem Ziel, die LeserInnen zum Selberdenken anzuregen. Denn Aufklärung heißt auch: bitte nicht alles schlucken, was irgendjemand irgendwo schreibt, sondern anfangen, den eigenen Verstand und die eigene Urteilskraft einzuschalten.
Das fördert man als Autor am besten, indem man in progressu den Anstoß dazu liefert. So betrachtet wird Philosophie im Grunde wieder zu einer spannenden Angelegenheit: etwas, das Menschen beim Lesen nicht theoretisch, sondern in einer unmittelbaren Wirksamkeit inspirieren und verändern kann. In diesem Sinne würde auch die derzeitige Philosophie stark profitieren können von solchen Verfahren, die letztlich auf die platonische Philosophie zurückgehen.
Wenn es also tatsächlich so sein sollte, dass man von einer Entdeckung rhetorischer Verfahren und skeptischer Ironie bei einem Klassiker sprechen kann, dann weist diese Entdeckung mit Blick auf die heutige westliche Philosophie meines Erachtens darauf hin, dass man eigentlich nur mit zwei Augen sehen und verstehen kann: mit einem analytischen und mit einem hermeneutischen Auge. Auf dem hermeneutischen Auge sind viele PhilosophInnen inzwischen unglücklicherweise blind geworden; es wird aber tapfer und mit viel Tamtam behauptet, das verbliebene analytische reiche völlig aus – das ist schon deshalb grundfalsch, so meine ich, weil eine hermeneutische Denkerin problemlos formalsemantische Explikationen einsehen und verstehen kann, analytische DenkerInnen sich aber andersherum hermeneutisches Denken nicht erschließen können bzw. nicht wollen. Im Horizont ihrer Methode erklären sie folgerichtig Hermeneutik für unbrauchbar; nur leider ist ihnen das Bewusstsein darüber abhanden gekommen, dass ihr Verfahren und Denken nicht das einzige ist, das eine philosophische Zulassung erhalten hat.
Zeitnah werde ich auf dieser Website neben Texten zu Kant oder zu allgemeineren Themen ein größeres Projekt vorstellen, an dem ich seit vielen Jahren arbeite. Ausgehend von der Zeitphilosphie und Zeitanalyse Martin Heideggers möchte ich versuchen, unter dem Titel „ZEIT-ATLAS“ eine Methodologie zeitphilosphischer Ansätze vorzulegen. Wie eine Weltkarte die verschiedenen Kontintente und Landmassen zeigt, wird dieser Zeit-Atlas die unterschiedlichen bislang vorgelegten theoretischen Zugänge und die Begründungen der Untersuchungsmethoden über Zeit kartographieren und außerdem eine bis dato noch nicht erprobte Theorie über Zeit vorstellen, die einen neuentdeckten Kontinent im Gesamtbild ausmachen könnte.